Stadtrundgang Schnait
1748 (mit älteren Teilen)
Saalkirche mit bedeutendem Flügelaltar der Ulmer Schule von 1497 und umfangreichem Zyklus von Emporenbildern (1761).
Patron: St. Wendelin
Eine kleine Kapelle bestand in Schnait bereits im Mittelalter, nach Adolf Schahl könnte der untere Teil des Turms sogar noch auf einen romanischen Vorgängerbau (13. Jahrhundert) zurückgehen. Das Schnaiter Gotteshaus war eine Filiale der Beutelsbacher Kirche. Erst im 16. Jahrhundert, später als vergleichbare Orte im Remstal, wird Schnait zum eigenständigen Pfarrort erhoben, wobei die Einzelheiten, wie so manches in der Schnaiter Ortsgeschichte, im Unklaren sind.
Die heutige Kirche ist im Wesentlichen ein schlichter Saalbau von 1748. Älter ist neben dem Turm auch die Ostwand der Sakristei, die als Rest eines dreiseitig geschlossenen Chors der Zeit um 1500 stehenblieb. Von dieser spätgotischen Kirche wurden auch einige Fenster- und Maßwerkteile in den Neubau übernommen.
In der Zeit um 1500 wurde die Kapelle – wie gesagt, es war noch keine Pfarrkirche – nicht nur baulich weitgehend erneuert, sondern damals entstanden auch drei reiche Flügelaltäre, ein Haupt- und zwei Nebenaltäre, von denen der Hauptaltar bis heute in der Kirche steht und die überregionale kunstgeschichtliche Bedeutung der Kirche begründet.
Stifter des 1497 datierten Hauptaltars (oder auch der anderen Altäre) waren gemäß den Wappen in der Predella (Sockel) Johann Ulrich Gaisberg und seine Frau Katharina Truchsessin von Wetzenhausen. Die Gaisberger hatten damals Teile der Ortsherrschaft inne und begründeten später so eine Art Hausgrablege der Familie in der Schnaiter Kirche, wovon noch zahlreiche Grabmale zeugen. Der Hauptaltar, auch Hochaltar genannt, zeigt im Schrein die geschnitzten Figuren der Maria mit Kind, umgeben von den Heiligen Katharina und Johannes (zu ihrer Rechten) und Barbara und Wendelin (zu ihrer Linken). Der nach der Legende in der Trierer Gegend tätige Schnaiter Patron Wendelin, der häufig mit einem Hirtenstab dargestellt wird, fand in Württemberg eher selten kirchliche Verehrung. Die gemalten Flügel zeigen die Geburt Christi und die Anbetung der heiligen drei Könige sowie, im geschlossenen Zustand, die Verkündigungsszene. Die unbekannten Künstler stammten wohl aus einer regionalen Werkstatt, die aber unverkennbar von der damals dominierenden Ulmer Schule beeinflusst war. Der Altar gehört zu den Höhepunkten der spätgotischen Kunst in Schwaben!
Ein kleinerer Nebenaltar derselben Werkstatt gelangte über das Württembergische Landesmuseum in Stuttgart, an den ihn die Schnaiter verkauft hatten, in das Reutlinger Heimatmuseum, der zweite wurde im 19. Jahrhundert zerstört.
Die Kirche verfügt noch über einen zweiten überregional bedeutsamen Schatz: Die naiven Malereien an der Emporenbrüstung mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament, insgesamt 45 von ursprünglich 50 Tafeln des Alfdorfer Malers Josef Wagner von 1761, gehören zu den größten und bedeutendsten Beispielen dieser für den protestantischen Kirchenbau in Württemberg einst so typischen Bilderzyklen. Auch die fünf Tafeln der Kanzel (Christus und die Evangelisten) stammen von Wagner.
Stattlicher Bau der Herren von Gaisberg mit Anbau von 1727, Haupthaus mit reicher Erkerkonsole. Um 1800 im Besitz des Schafhalters Jakob Oettinger, daher im Volksmund „Schafhaus" genannt. Heute in Privatbesitz.
Das Obere Schloss wurde 1609 von Konrad von Gaisberg erbaut. Über seine Tochter Magdalena, sein einzige Erbin, gelangte das Schloss in den Besitz der Familie von Eltershofen. Konrad ließ sich im Chor der Schnaiter Kirche bestatten, sein Grabstein ist aber nicht erhalten. Im 18. Jahrhundert erscheinen dann auch Schnaiter Bürger als „Schlossherren“, darunter (ab 1798) der Schafhalter Jakob Öttinger, dem das Schloss seinen zweiten Namen „Schafhaus“ verdankt. 1832 ließ er einen neuen Schafstall am Ortseingang errichten (s. dort).
Das Haupthaus präsentiert sich zur Haldenstraße hin als zwar stattlicher, aber nicht besonders auffallender, traufständiger Bau, der auf den ersten Blick nicht unbedingt als Schloss identifiziert werden würde. Erst beim näheren Hinsehen erkennt man „herrschaftliche“ Detailformen, allen voran den polygonalen Erker auf reich profilierter Konsole an der rechten Hausecke, dessen ursprüngliches Pendant auf der linken Seite leider verloren ging – und damit viel vom einstigen schlossartigen Aussehen! Doch auch das hohe, gemauerte Erdgeschoss mit dem mächtigen Rundbogenportal und dem Okulus (Rundfenster) weist noch auf die herrschaftliche Vergangenheit des Gebäudes hin. Darüber erhebt sich ein schlichtes, verputztes Fachwerkgeschoss mit auffallend dichter, bandartiger Fenstersetzung. Im rückwärtigen Hof schließt sich ein langgestreckter Anbau von 1727 an, der von Öttinger als Schafstall benutzt wurde.
Silcher-Geburtshaus (Silcherstr. 49)
Das einstige Schulhaus wurde 1767 als langgestreckter, vermutlich von Anfang an verputzter Fachwerkbau errichtet, wobei der westliche Teil als Lehrerwohnhaus fungierte. Karl Silcher war seit 1782 Lehrer in Schnait und wohnte seitdem mit seiner Familie im noch recht neuen Schulhaus. Sein Sohn Friedrich, der berühmte Volksliedkomponist und Musikpädagoge, kam dort 1789 zur Welt, er starb 1860 in Tübingen. Allerdings wurde das Gebäude seither vielfach verändert und umgebaut. Gerade das Lehrerwohnhaus sah damals noch anders aus: Es hatte nur zwei Geschosse und einen Giebel an der Westseite (zur Silcherstraße hin). Noch zu Lebzeiten Silchers, 1829, erhielt dieser Trakt ein Zwerchhaus auf der Nordseite, das dann bei der Aufstockung gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit einbezogen wurde. Dabei wurde der First im westlichen Teil des Gebäudes gedreht und so das heutige Aussehen des Schulhauses geschaffen. Weitere durchgreifende Umbauten folgten, insbesondere 1934/35, als das eigentliche Schulhaus (im östlichen Teil) ganz abgerissen, aber auch das Fachwerk des Lehrerwohnteils weitgehend erneuert und freigelegt wurde. Eine weitere grundlegende Sanierung des Gebäudes fand um 1990 statt.
Im Geburtshaus Friedrich Silchers wurde 1912 vom Schwäbischen Sängerbund (heute Schwäbischer Chorverband) ein Museum eingerichtet, das zu den ältesten ländlichen Museen in Württemberg zählte. 2022 wurde es geschlossen, Silchers persönlicher und musikalischer Nachlass befindet sich nun im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Fachwerkbau mit in Schnait einmaligen Flachschnitzereien.
Das markante Eckhaus am oberen Ende der Silcherstraße dürfte um 1600 von einem Weingärtner erbaut worden sein. Über dem massiven Erdgeschoss erhebt sich eine Fachwerkkonstruktion mit einem Voll- und drei Dachgeschossen. Während das Obergeschoss stark umgebaut wurde, präsentiert sich der Giebel zur Silcherstraße weitgehend im ursprünglichen Zustand. Das Fachwerk weist in den völlig geraden Streben und dem Verzicht auf Knaggen als Konsolen der auskragenden Balken fortschrittlich-schlichte Züge auf. Einziger Schmuck sind die abgefasten Balkenköpfe, profilierte Schwellen und Flachschnitzereien an den Ständern der Giebelseite. Diese Zierelemente wurden bei der letzten Sanierung farbig gefasst. Die Schnitzereien zeigen ornamentale, nicht immer klar erkennbare Motive wie Räder, Kerbschnittleisten, Wellenbänder, ringförmige Paare oder einen Fischblasenwirbel. Während solche Flachschnitzereien im Strümpfelbacher Hausbestand recht häufig vorkommen, ist das Beispiel Silcherstr. 90 in Schnait einmalig!
Stattliches Gebäude in Mischbauweise (Fachwerk/Stein); Erbauer war der Schafhalter Jakob Oettinger, dessen Schafe zuvor im Oberen Schloss („Schafhaus“) untergebracht waren. Der ortsbildprägende Bau ist deshalb auch wirtschaftsgeschichtlich bedeutend.
Das ortsbildprägende Gebäude am Ortseingang von Schnait ist einer der bemerkenswertesten baulichen Zeugen der Wirtschaftsgeschichte in Weinstadt. Erbaut wurde es als Schafstall 1823 oder 1832 von einem Mitglied der Schafhalterdynastie Öttinger (oder Oet(t)inger), vermutlich von Samuel (1784-1873). Dessen Vater Jakob hatte 1798 das Obere Schloss erworben und dort seine Schafe untergebracht, so kam das Anwesen zu seinem zweiten Namen „Schafhaus“. Jakob starb 1820. Seine drei Söhne wurden alle Schäfer, aber nur Samuel blieb in Schnait und gründete hier eine Familie. Folglich dürfte er es gewesen sein, der den väterlichen Schafbetrieb übernommen und dafür den neuen Stall errichtet hat, so dass die Schafe ihr Schlossdomizil wieder verlassen konnten. Zwar heißt es bereits 1851 zur Schafhaltung in Schnait: Schafzucht treibt ein Bürger, der jedoch auswärtige Weiden besucht und auch auswärts überwintert. (Oberamtsbeschreibung Schorndorf). Doch 1873 ist das Gebäude nach wie vor als Schafstall belegt, und zwar im Besitz des Schafhalters Gottlieb Öttinger, wohl ein Sohn Samuel Öttingers. Jedenfalls gehört es zu den größten und ältesten Bauzeugen der Schafhalterei weit und breit.
In der Literatur findet sich durchgängig das Baujahr 1832. Im Haus gibt es aber einen Stein mit der Inschrift „1823“, der auf ein etwas früheres Baujahr schließen lässt. Der langgestreckte, im Erdgeschoss massiv errichtete Bau mit charakteristischem Krüppelwalmdach weist an den Schmalseiten zwei Giebelscheiben in schlichtem, für landwirtschaftliche Nutzbauten typischem Fachwerk auf. 1986 wurde der Schafstall zu Wohnzwecken umgebaut. Seither präsentiert sich der Giebel zur Straßenseite hin mit größeren Fenstern und Andreaskreuzen in den Brüstungsfeldern.
Bei der Erbauung die größte Kelter Württembergs mit einer bemerkenswerten, freitragenden Konstruktion. Heute Nutzung als Traubenannahmestelle der Weingärtnergenossenschaft (WG) Schnait sowie wöchentliche Weinverkostungen durch den Schnaiter Weintreff e.V.
Die 1920/30er Jahre waren eine Zeit des Umbruchs im Weinbau Württembergs und auch des Remstals. Noch vor der großen, von den Nationalsozialisten forcierten Gründungswelle der lokalen Weingärtnergenossenschaften nach 1933 bauten viele Weinbaugemeinden jeweils eine große, neue Kelterhalle. Auf diese Weise sollten die oft verstreut liegenden historischen Keltern durch einen zentralen Neubau funktional ersetzt werden – was leider häufig den Abbruch der teilweise noch aus dem Mittelalter stammenden Keltern nach sich zog. Nach Strümpfelbach (1928) und Großheppach (1929) errichtete auch die Gemeinde Schnait im Jahre 1934 eine neue Kelterhalle.
Diese wurde nicht nur in rekordverdächtiger Zeit – innerhalb von drei Monaten – erbaut, sondern war bei der Einweihung (am 23. September 1934) angeblich auch die größte Kelter Württembergs! Die Zahlen sind jedenfalls beeindruckend: Mit einer Länge von 87 Metern und einer Breite von 30 Metern übertrifft sie manche gotische Kathedrale! Auch die freitragende Deckenkonstruktion, die im Gegensatz zu den bekannteren (und etwas älteren) Keltern in Fellbach und Uhlbach ohne raumteilende, senkrechte Stützen auskommt, stellt bis heute eine bemerkenswerte Besonderheit dar! Im Inneren wurden 300 (!) Geschirrplätze („Setzede“) für die Züber der Schnaiter Wengerter eingerichtet, die nun nicht mehr, wie bisher, ihre gefüllten Züber im Freien vor der Kelter stehen lassen mussten. Der Baugrund für die Kelter am heutigen Ortseingang lag übrigens auf Beutelsbacher Markung und musste erst durch einen Markungsausgleich Schnait zugeschlagen werden. Der Standort wurde auch deshalb gewählt, weil dort kein Kellerbau möglich war – um ja keiner damals noch verpönten Genossenschaft Vorschub zu leisten!
Doch auch in Schnait ging der Trend, nicht zuletzt auf Betreiben der Nationalsozialisten, schnell in die andere Richtung. Bereits 1938 erfolgte die Gründung der hiesigen Weingärtnergenossenschaft, zum Aufsichtsratsvorsitzenden wurde Bürgermeister Amann gewählt. Nachdem sich ein Neubauprojekt an Stelle der historischen Steigkelter zerschlagen hatte, kaufte die Weingärtnergenossenschaft 1954 die neue Kelter von der Gemeinde – zuvor hatte sie von der Remstalkellerei die Zusage erhalten, dort einen großen Tankraum mit einem Fassungsvermögen von 1 Million Liter einzubauen. Ein weiterer großer Tankraum wurde 1983 auf der rückwärtigen Seite angebaut.